Feministisch, lesbisch, unbequem

Die Stadt Bonn hat viele einflussreiche Töchter und Söhne hervorgebracht. Darunter sind sehr (sehr) bekannte Persönlichkeiten wie der guten Ludwig van Beethoven, an dem ja in unserer schönen Stadt niemand vorbeikommt, aber auch in der Öffentlichkeit weniger bekannte, aber nichtsdestotrotz immens wichtige Menschen, wie die Dame, die ich in diesem Artikel vorstellen möchte, Johanna Elberskirchen.

An Frau Elberskirchens Geburtshaus in der Sternstraße gibt es seit 2005 eine Gedenktafel, auf der steht: „Geburtshaus von Johanna Elberskirchen (1864-1943) – Schriftstellerin und Sozialdemokratin – Aktivistin für die Rechte von Frauen und Homosexuellen“. Obwohl das natürlich eine gute Zusammenfassung der Person Johanna Elberskirchen ist, will ich doch einmal etwas ausführlicher über diese wirklich beeindruckende Frau berichten.

1864 wurde Johanna Carolina Elberskirchen in Bonn geboren und wuchs dort in der Sternstraße auf, als Tochter von Kaufleuten. Für ihr Studium, erst Medizin, dann Jura, musste Johanna schließlich in die Schweiz ziehen, da es Frauen zu der Zeit nicht möglich war, in Deutschland eine akademische Karriere zu haben. 

Johanna Elberskirchen fing an zu schreiben. Erst unter dem Pseudonym „Hans Carolan“, dann unter ihrem richtigen Namen. Ihre Schriften waren radikal feministisch und sie forderte, dass die Errungenschaften der Frauenrechtsbewegungen, wie zum Beispiel das Wahlrecht, allen Frauen zugutekommen sollten, nicht nur einer Elite von höhergestellten Damen. So schrieb sie zum Beispiel:

 „Feministisch sein heißt keineswegs un à tout prix ein Recht für eine kleine Anzahl Frauen auf Kosten der anderen Frauen ergattern zu wollen – feministisch sein, das heißt immer nur für Gesamt-Befreiung des gesamten weiblichen Geschlechts kämpfen.“

Obwohl sie kein Blatt vor den Mund nahm und oft auch Personen des öffentlichen Lebens scharf kritisierte, brachten ihre Veröffentlichungen so viel Geld ein, dass sie davon leben konnte.

Johanna Elberskirchen kehrte 1900 wieder nach Bonn zurück und engagierte sich dort für die Sache der Sozialdemokraten, Arbeiterinnen und Frauenwahlrechtlerinnen. Diese verschiedenen Interessengebiete vertrugen sich allerdings, der Ansicht der Sozialdemokratischen Partei nach, nicht miteinander und so wurde sie aus der Partei ausgeschlossen. Für Elberskirchen war das ein harter Schlag und sie zog weg aus Bonn. 

Johanna Elberskirchen lebte offen lesbisch und setzte sich in Berlin in den Zwanziger Jahren für die Entkriminalisierung der männlichen Homosexualität ein. In Berlin lebte Johanna mit ihrer Lebensgefährtin Hildegard Moniac zusammen, die sie während ihrer Arbeit in einem Sanatorium kennenlernte. Dort setzte sie ihr Engagement bei der örtlichen SPD fort und eröffnete eine homöopathische Praxis. 

Als die Nazis an die Macht kamen, durfte Johanna Elberslingen nicht mehr publizieren, was ihr sehr zu schaffen machte. Sie und Hildegart lebten in Armut, bis Johanna immer kränker wurde und schließlich im Jahre 1949 im Alter von 79 Jahren starb. 30 Jahre nach ihrem Tod wurde ihre Urne von zwei Frauen aufgefunden und dann heimlich im Grab von Hildegard beigesetzt.

Johanna Elberskirchen war eine wichtige und faszinierende Persönlichkeit, allerdings sind manche ihrer Aussagen nicht unumstritten. Während sie damals den meisten Sozialdemokraten und Feministinnen zu radikal war, gibt es heute Kritik an ihren angedeuteten nationalistischen Tendenzen und ihrer Einstellung zur Eugenik, die sie befürwortete. Obwohl diese nationalistischen Tendenzen natürlich zu verurteilen sind, gebührt Elberskirchen dennoch Anerkennung und Respekt für ihren Kampf um den Schutz und die Rechte von Frauen, Mädchen und Homosexuelle in einer Zeit, in der dies als radikal und, vor allem, als unbequem galt.

 

Informationen

  • Text: Claudia Holzapfel
  • Foto: Claudia Holzapfel
  • Datum: 15. Dezember 2019
  • Kategorie: Stadt Bildung